- kreolische Sprachen
- kreolische Sprachen,Kreolsprachen, seit dem 17. Jahrhundert allgemeine Bezeichnung für die Sprachen, die in den überseeischen Kolonien europäischer Staaten (v. a. in Afrika, Karibik) als Produkte andauernder gegenseitiger Beeinflussung zwischen europäischen und nichteuropäischen Sprachen entstanden sind, wobei der Einfluss der europäischen Sprache (Englisch, Französisch, Spanisch, Portugiesisch, Niederländisch) deutlich dominiert. Wichtigste Bedingungen für das Entstehen kreolischer Sprachen sind das Fehlen einer gemeinsamen Verständigungssprache zwischen Angehörigen verschiedener ethnischer Gruppen bei bestehendem Verständigungsbedarf, z. B. bei Handelsbeziehungen, ein soziales Gefälle, das die indigene sowie die daraus hervorgegangene Mischbevölkerung benachteiligt, sowie eine relativ starke geographische und kulturelle Isolation. Die Genese und die scheinbar defekte Struktur der kreolischen Sprachen führten häufig zu irreführenden pejorativen Benennungen wie Misch- beziehungsweise Bastardsprache und Kauderwelsch.Wie die Pidginsprachen sind die kreolischen Sprachen in ihrem syntaktischen System vereinfachte und in ihrem semantischen und phonologischen Bestand reduzierte Sprachen; ihre grammatische sowie ihre lexikalische Struktur weisen jedoch eine größere Differenzierung auf. Kreolische Sprachen werden als Muttersprache erlernt. Die lange Zeit gültige Nativisierungstheorie (R. A. Hall), gemäß der die kreolischen Sprachen aus den Pidginsprachen hervorgehen, wird in neueren Studien (Annegret Bollée, A. Valdman) kritisch beurteilt. In der Sprachwissenschaft sind kreolische Sprachen Untersuchungsgegenstand v. a. der Soziolinguistik und der Sprachkontaktforschung, innerhalb derer sich die Kreolistik als eigenständiger Forschungsbereich herausgebildet hat.Auf Englisch als Basissprache gehen u. a. zurück: Krio (Sierra Leone), Saramaccan (Surinam) und Sranangtongo (früher Taki-Taki genannt, Surinam) sowie die kreolischen Sprachen von Hawaii, Honduras und Jamaika; auf Französisch: die Sprache der Cajuns, das Louisianakreolische und die kreolischen Sprachen von Guadeloupe, Haiti, Dominica, Martinique, Mauritius und den Seychellen; auf Spanisch: Chabacano (Philippinen); auf Portugiesisch: Papiamento (Curaçao) und die kreolischen Sprachen Senegals und der Kapverd. Inseln.A. Bollée: Pidgins u. k. S., in: Studium Linguistik, H. 3 (1977);Pidgin and creole linguistics, hg. v. A. Valdman (Bloomington, Ind., 1977);N. Boretzky: Kreolsprachen, Substrate u. Sprachwandel (1983);Akten des 1. Essener Kolloquiums über »Kreolsprachen u. Sprachkontakte«, hg. v. N. Boretzky u. a. (1985);J. A. Holm: Pidgins and Creoles, 2 Bde. (Cambridge 1988-89, Nachdr. ebd. 1994-95);Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:Sprache: Varietäten, Familien, Stämme
Universal-Lexikon. 2012.